Sanfte Geburten

Denkt man an den Begriff „sanft“, so schwingt eine liebevolle Zärtlichkeit mit. Und genau so sollte eine sanfte Geburt auch sein: voller Gefühl und zärtlicher Hinwendung zum Baby. Es gibt keine Trennung von der Mutter, keine hektische Stimmung, alles läuft den Bedürfnissen des Kindes entsprechend friedlich ab und es wird behutsam im Leben willkommen geheißen.

Foto: © Forster

Auch die Mutter ist frei von Angst und Anspannung, sie lässt die Geburt geschehen, begrüßt ihr Kind in Achtsamkeit und überhäuft es mit grenzenloser Liebe.

Der frühere Frauenarzt und Geburtshelfer Frédérick Leboyer gilt als der Vater der sanften Geburt. In seinem Buch „Der sanfte Weg ins Leben. Geburt ohne Gewalt“ hat er in den 1970er Jahren die Abkehr von der „programmierten“ Geburt eingeleitet, bei der dem neugeborenen Kind keine Empfindungen zugesprochen wurden und es systematisch verängstigt und von seiner Mutter entfremdet wurde. Für das Kind macht es jedoch einen großen Unterschied, ob es in Stress, Angst und Schmerz geboren wird oder ob es erst einmal ankommen und die Welt als einen freundlichen Ort wahrnehmen darf. Denn die Geburt ist eine der prägendsten Erfahrungen imLeben. Erleben die Babys eine sanfte Geburt, können sie Urvertrauen entwickeln und das grundlegende Gefühl „alles ist gut“ abspeichern.

Um eine sanfte Geburt für die Kinder zu ermöglichen, kommt es darauf an, ihnen die Umstellung vom Leben in Mamas Bauch zu der Welt außerhalb von Mama zu erleichtern und eine ruhige Atmosphäre zu schaffen. Wichtig ist, dass sie vom ersten Moment an in Kontakt mit ihrer Mutter kommen und auch nicht mehr von ihr getrennt werden. Sie sollten fürsorglich berührt, gehalten und gestützt werden, das Licht sollte gedämpft sein und es sollte weder grobe Untersuchungen noch lautstarke Begrüßungen geben. Eine „bauchähnliche“, wohlig warme Raumtemperatur ist gut für das Baby ebenso Geduld beim Abtrennen der Nabelschnur: Wartet man so lange, bis sie aufhört zu pulsieren, bekommt das Kind noch ein Plus an Sauerstoff über die Nabelschnur und kann sich allmählich auf die selbstständige Atmung umstellen.

Nach Leboyer kann eine sanfte Geburt aber erst dann gut gelingen, wenn die werdende Mutter schon während der Schwangerschaft eins wird mit ihrem Kind, „wenn ein geheimes inneres Verständnis da ist“, denn „die Geburt ist eine gemeinsame Arbeit von Mutter und Kind. Vieles hängt davon ab, welchen Kontakt Mutter und Kind während der Schwangerschaft hatten.“ Deshalb rät er den Schwangeren dazu, sich vor allem ab dem 6. Monat regelmäßig zurückzuziehen, um sich bewusst dem Baby im Bauch zuzuwenden und nach innen zu horchen.

 

Simone Forster