Wenn Babys zu viel weinen…
Alle Babys weinen – und das ist auch gut so. Denn nur so ist es ihnen möglich, ihrer komplexen Gefühlswelt und ihren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. Wenn ein Baby aber untröstlich weint, macht sich bei den Eltern meist Ratlosigkeit breit. Sie stehen nach Tagen, Wochen oder gar Monaten, in denen sie keinen Ausweg aus den Schreiattacken gefunden haben, nicht selten am Rand der Verzweiflung. Damit sind sie nicht allein. Einer Studie zufolge – Wurmser et al. 2001 – sind bis zu 20 Prozent der Säuglinge von sogenannten Regulationsstörungen, die neben Schrei- auch Schlaf- und Fütterproblematiken einschließen, betroffen.
Manchmal braucht es einen Anstoß von außen, um Betroffenen aus ihrem Teufelskreis von angestautem Stress und Ohnmachtsgefühlen im Umgang mit ihrem "Schreibaby" herauszuhelfen.
Laut Definition gilt ein Säugling als Schreibaby, wenn er über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen an mindestens drei Tagen pro Woche mehr als drei Stunden am Tag schreit. Ausschlaggebend sind jedoch die individuellen Belastungsgefühle des Babys und seiner Eltern. Durch das untröstliche Weinen ihres Babys werden die Eltern so stark verunsichert, dass sie ihrem Bauchgefühl immer weniger vertrauen und immer weniger verstehen, was ihr Baby braucht. Infolgedessen weint es noch mehr, was die Verunsicherung der Eltern weiter wachsen lässt und die Beziehung zu ihrem Baby zunehmend belastet.
Folgende Faktoren können beispielsweise die Regulationsstörung eines Babys verursachen oder verstärken:
- eine traumatische Geburt
- vor- und nachgeburtliche Stresserfahrungen
- (psychische) Erkrankungen
- Ängste und Depressionen
- Konflikte mit dem Partner oder der Herkunftsfamilie
- finanzielle Sorgen
- soziale Isolation
Um wieder Ruhe in der Familie einkehren zu lassen, gilt es zunächst, gesundheitliche Ursachen für das exzessive Schreien des Säuglings (z.B. KISS-Syndrom) auszuschließen sowie die individuellen Stressfaktoren der betroffenen Familie zu erkennen und Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln. Wichtig ist, den Zugang zur eigenen Intuition mithilfe eines verständnisvollen Partners, einer guten Freundin oder eines professionellen Helfers durch viel Ruhe, Zuspruch und eine unterstützende liebevolle Umgebung (wieder) herzustellen.Hierdurch können die Betroffenen das Vertrauen in ihre elterlichen Kompetenzen zurückgewinnen und passgenauer auf das Schreien ihres Babys reagieren. Durch die zunehmende Zufriedenheit ihres Babys wächst die elterliche Zuversicht und eine von Sicherheit, Liebe und Vertrauen geprägte Beziehung kann zwischen den Eltern und ihrem Baby wachsen.
Paula Diederichs
(Mitautorin Maria Sarfo)
WIKK Weiterbildungsinstitut für
Körperorientierte Krisenbegleitung
T. 030-43 66 90 44,