Mit Kindern in Gemeinschaft leben — Wie könnte eine Welt von Morgen aussehen?

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Zur Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf.“ Dieser afrikanische Spruch wird in der pädagogischen Szene stark diskutiert.

Denn Kinder brauchen Lern- und Lebensräume, in denen sie auf unterschiedlichste Menschen treffen und sich an Orten entsprechend ihrer Neigungen und Interessen frei bewegen können. Sich in gemeinschaftlichen Räumen selbstverständlich aufhalten und Kontakt zu verschiedenen Altersklassen pflegen zu dürfen, tut Kindern einfach gut. Und Eltern brauchen Unterstützung, um bei all der Hingabe für die Kleinen weiterhin gut für sich selbst sorgen zu können. Sich gegenseitig zu helfen und zugleich seinem Kind eine freiere und unversehrtere Kindheit zu ermöglichen, wünschen sich daher viele Familien. Nicht ohne Grund befindet sich die Landschaft an in Gemeinschaften lebenden Familien in Deutschland im Wachstum. Sie ist ein farbenprächtiges Kaleidoskop mit einer Vielfalt an Varianten in Größe, Form und detaillierter Ausgestaltung wie beispielsweise im Eurotopia Verzeichnis (www.eurotopia.de) oder im GEN- Netzwerk (Global Ecovillage Network, www.gen-deutschland.de) zu recherchieren ist. Gemeinschaft ist überall möglich – im afrikanischen Stamm oder in einer Plattenbauhochhaussiedlung. Wie sie räumlich gestaltet wird, ist dabei völlig unterschiedlich. Es gibt Mehrgenerationenhäuser, Ökodörfer, Co-Housing-Siedlungen, Familien-WGs und Patchworkcommunities.

Wer mit dem Gedanken spielt, den klassischen Weg des Lebens im Kleinfamilienstil zu verlassen und sich stärker in ein mit gemeinsam gelebten gemeinschaftlichen Werten verbundenes Kollektiv einzugliedern, sollte sich jedoch auf eine mehrmonatige Annäherungsphase einstellen. Denn unterschiedliche Rollen, Prägungen und Grenzen prallen aufeinander, die eine Orientierungsphase benötigen.

Außerdem muss sich jeder selbst fragen: Welche Entscheidung bin ich gewillt als Eltern zu teilen? Wie sieht es mit Süßigkeiten- und Medienkonsum aus? Wer sorgt fürs Mittagessen und gibt es eine Einigkeit in der Gemeinschaft, alle Kinder finanziell mitzutragen? Wer reicht seine Kleidung, Spielsachen und Emotionen weiter und an wen?

Natürlich braucht es in jedem Entwicklungsstadium geschützte Bereiche, sowohl für Kinder, Jugendliche als auch für Erwachsene. Und nicht zuletzt bedarf es eines hohen Maßes an Empathie, sich auf die Lebenswirklichkeit der anderen wirklich einzulassen, es kann aber auch eine enorme Bereicherung sein, Teil eines größeren Ganzen zu sein, das sich gegenseitig stärkt und Halt gibt.

 

Buchtipp: „In unserer Mitte. Kinder in der Gemeinschaft“ von Sobonfu E. Somé

Netzwerk für gemeinschaftliche Wohnprojekte und Interessensgemeinschaften: www.bring-together.de

Lena Gebhardt (*1984) Heim-Erzieherin, Kindheits-Pädagogin, Körperorientierte Systemische Therapeutin, Mutter eines 9-Jährigen, in gemeinschaftlichem Kontext gewachsen, Eltern-Sein als Initiationsprozess, Frauenräume & Rituale, www.erwachsenElternsein.de

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