Liebst du mich auch, wenn ich mich verändere?

Der Balanceakt zwischen Toleranz und Authentizität

 

 

Viele Menschen haben Sorge, auf Ablehnung zu stoßen, wenn sie nein sagen, und respektieren deshalb häufig nicht die eigenen Grenzen. Meistens fällt es Männern leichter, klar zu sagen, wenn sie Zeit für sich brauchen. Was bei den Partnerinnen, denen das nicht gelingt, auf Unverständnis stößt, da sie sich mit den Pflichten des Alltags alleine gelassen oder gar abgelehnt und ausgeschlossen fühlen. Während der Schwangerschaft werden viele Frauen, denen es sonst schwer fällt, für sich einzustehen, mutiger. Plötzlich setzen sie Grenzen, sagen, was sie brauchen und was ihnen nicht passt. Das in ihnen heranwachsende Wesen scheint ihnen die Kraft zu geben, es sich zu erlauben, eine eindeutige Position zu beziehen. Das kann die Partner verwirren, da sie solche Klarheit nicht gewohnt sind. Immer wieder kann das zu Konflikten führen, die nach etwa 2/3 der Schwangerschaft besonders stark sind.

Im Prinzip traut sich die Schwangere jetzt endlich das, was sich ihr Partner sonst regelmäßig erlaubt hat. Sind sich beide bewusst, dass wir uns von Partnern angezogen fühlen, die Eigenschaften leben, die uns irgendwann verloren gegangen sind, dann kann diese Phase dabei helfen, einen verlorenen Persönlichkeitsteil zu integrieren: die Schwangere den des Selbstwertes und der Partner den des Sich-selbst-Zurücknehmens.

Werden diese Mechanismen bewusst wahrgenommen, muss es die Paare nicht auseinandertreiben, wie es sonst schlimmstenfalls passieren kann. Indem sich beide klar machen, dass es nicht um „wer hat Recht“ und als Konsequenz „wessen Art muss gefolgt werden“ geht, sondern beide die Andersartigkeit des Anderen als Bereicherung erleben können, haben beide die Chance, sich noch stärker miteinander zu verbinden.

Gerade wenn ein kleines Menschenwesen dazukommt, bringt es die Paardynamik oft mächtig durcheinander. Die meisten wollen nur das Beste für ihr Kind und versuchen daher, ihre eigene Art durchzusetzen. Das Beste für das Baby ist jedoch, dass auf seine Bedürfnisse adäquat eingegangen wird (und das ist eventuell nochmal anders als das, was jeder Elternteil als das Beste empfindet) und es den Eltern gut geht miteinander.

 

 

Mareia C. Lange

ist Dipl. Psychologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie

Praxis: Käthe-Niederkirchner-Str. 23 10407 Berlin-Prenzlauer Berg

T. 0176-41 62 68 47, soulroots.org