Sicher oder nicht sicher?
Warum eine Geburt zu Hause oder im Geburtshaus genauso sicher ist wie eine Geburt in der Klinik
Ist nicht die Geburt eines Kindes ebenso intim, innig und liebevoll wie seine Zeugung? Dennoch haben sich die Geburten innerhalb von wenigen Jahrzehnten deutschlandweit in die Kliniken verlagert. Nur rund 1,5 Prozent der Babys werden in den eigenen vier Wänden oder in einem Geburtshaus geboren. Im gesellschaftlichen Bewusstsein hält sich das Voruteil hartnäckig, dass die Klinik als Geburtsort mehr Sicherheit verspricht. Dabei kann die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe anhand einer fast 20-jährigen Dokumentation nahezu sämtlicher außerklinischer Geburten belegen, dass Geburtshaus- und Hausgeburten für das Gelingen einer natürlichen Geburt und für gute Mutter-Kind-Werte stehen. Im Vergleich zu den klinischen Geburten punkten Geburtshaus- und Hausgeburten vor allem darin, dass es sehr selten bis nie zu künstlichen Geburtseinleitungen, Schmerzmittelgaben und Dammschnitten kommt und dass die Kaiserschnittrate bei unter 6 Prozent liegt. Abb: © pixabay
„Eine Frau, die bereits ein Kind geboren hat und die keine Risiken für die Geburt hat, darf sich ihren Geburtsort frei aussuchen“, bestätigt auch Dr. med Wolf Lütje, renommierter Chefarzt der Geburtsklinik im Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus in Hamburg. „Denn egal, wo sie entbindet, alles hat Vor- und Nachteile, aber nichts sticht als sicherer oder unsicherer heraus.“ In einer Klinik herrscht beispielsweise weniger Ruhe, die Geburt in ihrem natürlichen Tempo geschehen zu lassen. Es besteht die Gefahr, dass die Geburt durch nicht zwingend notwendige Eingriffe aus ihrem natürlichen Gleichgewicht gebracht wird. Auch müssen häufig mehrere Geburten von ein- und derselben Hebamme parallel betreut werden oder es kommt zum Schichtwechsel, dabei ist gerade eine 1:1-Hebammenbetreuung ein vertrauensfördernder Faktor ...
Natürlich ist eine Hausgeburt oder eine Geburt im Geburtshaus nicht für jede Frau geeignet. Seit über 25 Jahren begleitet die Berliner Hebamme Gerlinde Skupin Hausgeburten, und ihr Rat lautet: „Jede Schwangere muss sich im Vorfeld überlegen: Was brauche ich, um mich sicher zu fühlen?“ Generell empfiehlt sie eine Hausgeburt all denjenigen, die sich zu Hause unter der Geburt wirklich wohl fühlen und die eine Hebamme sowie einen Partner an ihrer Seite haben, die an sie glauben. Was sie allerdings bei ihren Hausgeburten feststellen kann: „Die Frauen sind meist weniger abgelenkt und können sich mehr auf sich und ihr Kind konzentieren.“ So sollte es letzten Endes jeder Frau selbst überlassen werden, für welchen Geburtsort sie sich entscheidet. Wichtig ist dabei, dass sie sowohl sich selbst und ihrem Körper als auch den jeweiligen Geburtsbegleitern an ihrer Seite vertraut.
Simone Forster