Anleitungen für eine glückliche Schwangerschaft und Geburt

„Ein gutes Leben ist ein Prozess, kein Seins- Zustand“, schrieb Carl Rogers. 

 

Dieser Satz lässt sich mühelos auf Schwangerschaft und Geburt übertragen, denn beides, sowie der Übergang in die Elternschaft, sind ganz besondere  Abschnitte im Leben eines Menschen: aufregend, schön und einzigartig.

von Jutta Wohlrab

Abb.: © panthermedia.net /Lunter

 

Die Geburt eines Kindes ist sicherlich eine der elementarsten Erfahrungen des Lebens. Schwangerschaft ist eine kreative und wunderbare Zeit im Leben einer Frau. Jedoch wird diese besondere Zeit oft überschattet von Ängsten, Zweifeln, Stress und vielen negativen Gedanken. In den Medien wird der Geburtsvorgang lieber als ein nervenaufreibendes Hollywood-Drama inszeniert anstatt ihn als einen der schönsten Tage im Leben eines Menschen darzustellen. All dies führt zu noch mehr Verunsicherung und wachsenden Ängsten. 

In der Psychologie zählt eine Geburt zu einem der fünf größten Ereignisse im Leben eines Menschen, ein wichtiger und unvergesslicher Tag. Dennoch erleben wir derzeit eine große Krise in der Geburtshilfe. Wir verzeichnen weltweit steigende Kaiserschnittraten von 30 bis 80% – Interventionsraten in Rekordhöhe. Und Interventionen führen oft zum Verlust von Selbstbestimmung für die werdenden Eltern. Forscher gehen davon aus, dass ein solcher Kontrollverlust in Zusammenhang mit der Entstehung von postnatalen Depressionen bei Frauen und Männern steht. 

 

Die Angst vor der Geburt überwinden

Die Ängste rund um die Geburt haben nun auch eine eigene Begrifflichkeit:
Tokophobia“ (griech. „toko“ = Schwangerschaft). Damit bezeichnet man die unbegründete Angst vor der Geburt. Doch dem können wir etwas entgegen setzen und zwar, in Anlehnung an die „Positive Psychologie“ nach Martin Seligman1), die „Positive Geburtspsychologie“, die Wissenschaft von Glücklichsein, Optimismus und „Flow“, um Menschen zu einer erfüllten, glücklichen Schwangerschaft und Geburt zu verhelfen. 

 

Flow – im Fluss sein 

„Flow“ ist ein Zustand, in dem wir so tief in uns versunken sind, dass wir alles um uns herum vergessen – wie Kinder beim Spielen. Flow können wir beim Tagträumen, aber auch bei Aktivitäten jeder Art erleben –sei es beim Sport, in der Kreativität und sogar beim Lösen von schwierigen Aufgaben.

 

 

Seligman beschreibt die „Positive Psychologie“ nicht als eine Variante des „Positiven Denkens“ oder einer Psychologie von Krankheit und Negativität, sondern vielmehr als das Verstehen von Wohlbefinden, psychischer Gesundheit und den förderlichen Bedingungen des menschlichen Aufblühens. 

Von Beginn an geht es darum, positive Gefühle zu stärken und eigene Stärken effektiv zu nutzen. Positive Geburtspsychologie eröffnet neue Wege, sich bewusst auf die Geburt vorzubereiten. 

Die Psyche hat einen enormen Einfluss auf den Geburtsverlauf, denn unser Unterbewusstes hat viele Informationen, Vorstellungen, Glaubenssätze, Erfahrungen und Ängste gespeichert. Es mit positiven Gefühlen wie Optimismus, Selbstvertrauen und guten Geschichten zu nähren, hilft unter der Geburt entspannt und zuversichtlich zu bleiben.

Abb.: © Kuznetcov_Konstantin/Shutterstock.com

Optimismus ist erlernbar!

Das Wissen um die eigenen Stärken hilft, eigene Ressourcen anzuzapfen, und das wiederum unterstützt eine erfüllte Schwangerschaft und erleichtert ein positives Geburtserlebnis. Diese Ressourcen helfen uns zum Beispiel, unsere Ziele zu kennen und zu erreichen und ganz besonders aus Krisen gestärkt herauszutreten. 

Wir erkennen die Sinnhaftigkeit unseres Lebens und setzen dies als Motivator für Krisen und Veränderungen ein. 

Dankbarkeitsübungen sind beispielsweise ein erster Schritt, um eine positive Haltung zu all den Veränderungen in der Schwangerschaft und die Neugier auf das, was kommt, zu behalten. Auch ein Gefühl von tiefer Verbundenheit mit sich, dem Baby und dem Partner kann eine starke Wirkung auf unsere Zufriedenheit haben und uns ermöglichen, auch in Zukunft tragfähige Beziehungen aufzubauen. 

 

Stärken und Ressourcen aufbauen 

• Beim Einatmen an einen schönen Moment im Leben denken und beim Ausatmen farbigen Nebel sehen, der alle negativen Gedanken, Ängste und Zweifel aus dem Körper heraus strömen und fließen lässt. 

 

• Dankbarkeitsübung: Jeden Morgen nach dem Aufwachen 3 Dinge aufschreiben, für die Du dankbar bist, am Abend alle 3 Dinge nochmal anschauen und mindestens 1 Kompliment an dich selber geben

 

• Schreib einen Moment vom heutigen Tag auf, in dem du etwas Großes oder Kleines gut gemacht hast.

 

 

Flow – vollkommen in der Geburt aufgehen 

Um gut gebären zu können, sollte Frau in einen tiefen Flow-Zustand kommen. Der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi2) hat schon in den Siebzigern herausgefunden: „Flow ist ein Zustand, keine Technik. Flow steckt in jedem Menschen. Flow bezeichnet auch den Zustand vom Glücksgefühl, in das Menschen geraten, wenn sie gänzlich in einer Beschäftigung aufgehen“. Interessanterweise  erreichen wir diesen Zustand nahezu euphorischer Stimmung meistens nicht durch Nichtstun oder im Urlaub, sondern wenn wir uns intensiv der Arbeit oder einer schwierigen Aufgabe stellen. Somit ist er der perfekte Zustand für die Geburt. 

 

Jutta Wohlrab, enthusiastische, inspirierende, internationale Hebamme, Hypnocoach, Trainerin, Rednerin und Autorin von „Happy Birthing Days“, Begründerin der „Elements of Birth“. Seit über 36 Jahren, in 3 Ländern und auf 2 Kontinenten arbeitete sie rund um ihr Lieblingsthema “Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach“. Sie praktiziert in ihrer Praxis in Berlin mit Schwangeren /Paaren aus der ganzen Welt und teilt ihr Wissen auf internationalen Konferenzen, Podcasts und bei RTL „Hebammen im Einsatz“. 

 

1) Martin Seligman: „Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben“

2) Mihaly Csikszentmihalyi: „Flow: Das Geheimnis des Glücks“